Frau V. zieht weg

Foto: Pxabay
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Als ich im Juli damit begonnen habe eine nicht repräsentative Umfrage zu den Lebensbedingungen begonnen habe ahnte ich nicht zu welch einem erschreckenden Ergebnis ich kommen würde. Ganz bewusst habe ich wegen der sozialen Situation Menschen aus Blockdiek, Ellnerbrok/Schevemoor, Schweizer Viertel und Tenever befragt. Für mich ist es erschreckend das 1/3 von 1600 befragten Personen über einen Umzug nachdenkt.

 

Im Rahmen dieser Umfrage sprach ich im August auch mit der Mutter eines Schulfreundes die seit über 55 Jahren in Blockdiek lebt, dort zog die verrentete Krankenpflegerin zwei Kinder groß. Heute muss sie von einer Rente von 976,--€ leben was die Suche selbst nach einer deutlich kleineren Wohnung nicht leichter macht. Als im Dezember die Tage kälter wurden entschloss 

sich mein Schulfreund dazu seine Mutter in seiner Wohnung auf zu nehmen weil sie Angst hatte zu heizen weil sie die Kosten schon jetzt kaum stemmen kann. Alle sozialen Kontakte hat Frau V. eingestellt weil sie sich schämt für das Wohnumfeld in dem sie wohnen muss. "Das erste was meine Gäste sehen ist der verdreckte Platz vor den Müllcontainern die häufig nur halb befüllt sind, das ist kein Ort an dem man gerne Menschen empfängt", so die 78-jährige. Aus ihrer Sicht ist es kein reines politisches Problem sondern ein gesellschaftliches, seit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder hat sich unsere Gesellschaft aus ihrer Sicht zu einer immer egoistischeren entwickelt. Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung im Stadtteil führte zu ihrem Wunsch aus Blockdiek weg zu ziehen, denn der Wegfall von zwei Lebensmittelmärkten, Post und Sparkasse macht das Leben in Blockdiek nicht einfacher. Als in Blockdiek noch fast ausschließlich junge Familien lebten gab es sichtlich mehr Angebote für Senioren, man erinnere sich an die Begegnungsstätte der AWO mit ihren regelmäßigen Angeboten oder der Kirchengemeinde. "Unsere Kommunalpolitiker/innen leben meist fernab der sozialen Problemviertel, so das die Probleme von ihnen nicht mehr wahrgenommen werden. Wenn Probleme angegangen werden scheitert es meistens an der Wirtschaft und der Landespolitik", so Frau V.. Besonders schwere Vorwürfe erhebt sie gegen das Quartiersmanagement das sich fast ausschließlich um die finanzielle Befriedigung der meist außerhalb lebenden Akteure kümmert statt endlich an besseren Lebensbedingungen zu arbeiten, übrigens eine Kritik die ich auch von anderen Blockdieker/innen gehört habe. 

 

Kurz nach Weihnachten besuchte ich meinen Schulfreund und seine Mutter zum Kaffee, schon nach ein paar Wochen Leben in Findorff erlebte ich eine Frau die förmlich aufgeblüht ist. "Endlich lebe ich wieder. Es ist unglaublich wie viele Angebote es für Menschen meines Alters es hier gibt", so die ehemalige Krankenschwester. Dem nicht genug hat sie mittlerweile eine kleinere bezahlbare Wohnung gefunden die sie im März bezieht, aber auch Anschluss hat sie schon gefunden.