Im Rahmen meiner Gesprächsrunde "Reden wir mal über Zeitarbeit die am 07,September 2016 um 19 Uhr in der AMEB-Begegnungsstätte bat ich die Kandierenden für den deutschen Bundestag um eine Stellungnahme zu den Forderungen von Leiharbeitern an die Politik.
Hier die Stellungnahme von Elisabeth Motschmann (CDU):
Zum Punkt 1 (Mindestlohn in der Zeitarbeit):
Neben dem Branchenmindestlohn in der Zeitarbeit, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, hat die CDU-geführte Bundesregierung die sogenannte „Drehtürklausel“ in der Arbeitnehmerüberlassung eingeführt. Seit der Reform gilt: Wenn ehemalige Beschäftigte innerhalb einer Frist von 6 Monaten als Leiharbeitskräfte in dem gleichen Betrieb oder einem mit diesem verbundenen Konzernunternehmen eingesetzt werden, haben sie Anspruch auf die gleiche Entlohnung wie die Stammbeschäftigten. Auf Druck der Union hin haben die Zeitarbeitsverbände mit den Gewerkschaften Branchenzuschläge vereinbart, die nach einer bestimmten Einsatzzeit die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft sichern. In dieser Legislaturperiode haben wir zudem eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher (bei Möglichkeit der Verlängerung auf tarifvertraglicher Grundlage) sowie den Grundsatz des „Equal Pay“ nach spätestens 9 Monaten Beschäftigung im Entleihbetrieb eingeführt. Ihren Vorschlag eines Branchenmindestlohns auf Grundlage eines Branchen-Querwertes halte ich weder für sachgerecht noch für praktikabel. Es ist vollkommen unklar, welche Branchen mit welcher Gewichtung darin einfließen sollen. Im Übrigen ist die Vereinbarung der konkreten Höhe des Branchenmindestlohns in der Zeitarbeit Sache der Tarifpartner, die die ökonomischen Realitäten am besten einschätzen können. Die Politik erklärt den Branchenmindestlohn bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nur für allgemeinverbindlich. Dieser Mechanismus hat sich bewährt, weswegen ich hier keinen Änderungsbedarf sehe.
Zum Punkt 2 (Untersagung von sachgrundloser Befristung im AÜG):
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht eine Befristung ohne Sachgrund für die Höchstdauer von zwei Jahren (mit max. drei Verlängerungen innerhalb dieser Frist), wobei in Tarifverträgen zu diesen beiden Punkten abweichende Regelungen getroffen werden können. Der Manteltarifvertrag zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) mit der DGB-Tarifgemeinschaft ermöglicht max. vier Verlängerungen. Abweichende Vereinbarungen zur Höchstdauer enthält der Tarifvertrag nicht. Der Manteltarifvertrag zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) und der DGB-Tarifgemeinschaft enthält zu beiden Punkten keine abweichenden Regelungen. Eine zwingende Voraussetzung für die Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung ist in jedem Fall, dass nie zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber bestanden hat. Kettenbefristungen ist damit ein Riegel vorgeschoben. Daneben gibt es im TzBfG noch die Befristung im Fall einer Unternehmensgründung sowie die Befristung bei älteren Arbeitnehmern. Aus unserer Sicht haben sich diese Regelungen bewährt, daher sehe ich keinen Grund für ein generelles Verbot sachgrundloser Befristungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
Zum Punkt 3 (Untersagung von Konventionalstrafen und Ablösen im AÜG):
Laut den Manteltarifverträgen der BAP/DGB- sowie der iGZ/DGB-Tarifgemeinschaft gelten für die Kündigung von Leiharbeitsverhältnissen durch den Arbeitgeber oder den Mitarbeiter beiderseits die Kündigungsfristen im BGB. Für Mitarbeiter beträgt die Kündigungsfrist demnach vier Wochen. Ob im Arbeitsvertrag vereinbarte Konventionalstrafen und Ablöseforderungen bei der derzeitigen Rechtslage im Einzelfall zulässig sind, vermag ich als Nicht-Juristin nicht abschließend zu beurteilen. Betroffenen Arbeitnehmern würde ich daher raten, eine Rechtsberatung, z.B. beim DGB oder der Arbeitnehmerkammer Bremen, in Anspruch zu nehmen bzw. sich an die Schlichtungsstelle des zuständigen Branchenverbandes zu wenden.
Zum Punkt 4 (Ethische Zeitarbeit):
Die Branchenverbände der Zeitarbeit verpflichten ihre Mitglieder zu sozialverträglichem und ethisch korrektem Handeln, was ich begrüße. Sowohl der BAP als auch der iGZ haben einen Verhaltenskodex bzw. einen Ethik-Kodex ins Leben gerufen, der die Mitgliedsunternehmen an bestimmte Prinzipien bindet. Über die Einhaltung wacht ein unabhängiges Schiedsgericht (beim BAP) bzw. eine unabhängige Kontakt- und Schlichtungsstelle (beim iGZ). In Ethik-Kodizes werden unternehmensethische Werte und Verhaltensweisen festgelegt, die über die „Legal Compliance“, d.h. das reine Befolgen von Gesetzen, hinausgehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies nur im Sinne einer freiwilligen Selbstbindung und nicht staatlich (z.B. über eine staatliche Beschwerdestelle) überprüft und ggf. sanktioniert werden kann. Über die Sanktionen bei Verstößen müssen daher die Vorstände der o.g. Verbände auf Empfehlung der jeweiligen Schiedsgerichte bzw. -stellen auf Grundlage ihrer jeweiligen Satzungen entscheiden.
Zum Punkt 5 (Zeitkonten und Urlaub):
Die Tarifverträge der BAP/DGB- sowie der iGZ/DGB-Tarifgemeinschaft enthalten detaillierte Regelungen zu Urlaubs- und Zeitkonten sowie zu Bereitschaftszeiten. Wenn es hier zu Missbräuchen kommt, können betroffene Arbeitnehmer schon heute dagegen vorgehen – auch auf rechtlichem Weg. Auch hier würde raten, im Vorfeld eine Rechtsberatung, z.B. beim DGB oder der Arbeitnehmerkammer Bremen, in Anspruch zu nehmen bzw. sich an die Schlichtungsstelle des zuständigen Branchenverbandes zu wenden.
Zum Punkt 6 (Aus- und Weiterbildung):
Es gibt seitens des Bundes zahlreiche Instrumente zur Weiterbildungsförderung von Arbeitnehmern, u.a. die „Bildungsprämie“ und das „Aufstiegs-BAföG“. Darüber hinaus beteiligen sich die Agentur für Arbeit sowie die Jobcenter an den Kosten von Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitnehmern in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten sowie von geringqualifizierten Arbeitnehmern. Ich würde es begrüßen, wenn die Betriebe und Branchenverbände in der Zeitarbeit ihrerseits die Bemühungen für eine höhere Weiterbildungsbeteiligung von Leiharbeitnehmern verstärken und Weiterbildungen besser fördern würden. Die Union will gemäß ihrem Bundestagswahlprogramm in der nächsten Legislaturperiode eine „Nationale Weiterbildungsstrategie“ für lebenslanges Lernen entwickeln und umsetzen. Diese umfasst selbstverständlich auch Leiharbeitnehmer.